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Manuskript eines Rede- oder Zeitungsbeitrages aus den 1950er Jahren. Der Autor ist nicht bekannt. Bild von Klaus Reuter, Olbernhau.

Erzgebirische Holzbaukästen fertigt fast 100 Jahre das Baukastendorf Blumenau für die Welt

Blumenau (Sachsen), im Tal der Flöha gelegen, ist mit seinen 1200 Einwohnern durch die Fertigung eines unentbehrlichen Kinderspielzeuges, des

H o l z b a u k a s t e n s,

innerhalb eines Menschenalters weltbekannt geworden.

Unter den vielen Kinderspielzeugen, die sich auf den Märkten der verschiedenen Erdteile befinden, hat sich der erzgebirgische Holzbaukasten als besonders beliebtes Kinderspielzeug nicht nur behauptet, sondern er hat auch jederzeit unter den führenden Spielzeugen mit an erster Stelle gestanden.

Wie die Puppe das Spielzeug des Mädchens ist, so ist der Holzbaukasten das Spielzeug des Knaben, welches ihn zum Denken anregen soll, und mit dem er seiner kindlichen Phantasie Ausdruck verleihen kann. Diese beiden Spielzeuge werden auch in Zukunft für unsere Kinder unentbehrlich sein.

Es war im Jahre 1860, als Herr Julius Emil Reuter, der Gründer der bekannten Firma Baukastenfabrik E. Reuter, Blumenau (Sachsen), seinen Wohnsitz von Oberseiffenbach nach dem sogenannten Drehwerk in Blumenau Nr. 54 verlegte, wo er neben der Fertigung von Kinderflinten auch auf die Herstellung von Bauklötzchen zukam. Er fertigte lange Stäbe in verschiedenen Stärken, die mit dem Fausthobel geglättet und dann in kleine Teile von verschiedener Länge zerschnitten wurden. Das war der Anfang, und die ganze Familie fand bei dieser primitiven Fertigung, die noch mittels Schwungrad betrieben werden musste, Beschäftigung.

Die mit der Bezeichnung "Holzbausteine" an die Olbernhauer und Grünheinichener Spielwarenverleger gelieferten Holzklötzchen wurden von diesen zu den Leipziger Messen dem Markte zugeführt. Dort fanden sie reißenden Absatz, so daß bald die nächsten Verwandten mit in die Produktion eingereiht werden konnten.

Im Jahre 1866 verstarb Herr Julius Reuter. Der in seiner Entwicklung stehende Betrieb wurde von seiner Faru und seinem erst 18-jährigen Sohn Emil Reuter weitergeführt und im Jahre 1875 von diesem übernommen.

Der Betrieb erfuhr eine stete Entwicklung, so daß das vorhandene Schwungrad bald durch ein Wasserrad ersetzt werden musste. Durch laufende Verbesserungen des Artikels, wie die Herstellung von Rollen, Säulen, Bogen, Ecken, Spitzen und eines orangefarbigen Füllkastens wurde der Artikel vollständig und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Der Bedarf steigerte sich von Jahr zu Jahr, und der Stand der Arbeitskräfte musste laufend erhöht werden.

Um das Jahr 1890 besuchte Herr Emil Reuter selbst die Leipziger Messen. Die laufende Steigerung der Produktion machte bald eine Verlegung des Betriebes nach dem Grundstück Blumenau Nr. 56 (Kaspermühle) erforderlich, wo das vorhandene Wasserrad bald durch eine Dampfmaschine ersetzt wurde.

Besonderes Augenmerk wurde der steten Verschönerung des Artikels zugewandt. So ersetzte man die Glasfensterchen durch Gelatinefenster und die Lithographie durch Druck und Brandverzierungen. Ferner wurden verschiedene Teile in helleuchtenden Farben gehalten, die dem Baukasten ein besonders hervorhebendes Aussehen gaben.
So entwickelten sich die verschiedendsten Ausführungen, gehalten im Gotischen-, Romanischen, Griechischen- und Renaissance-Baustil, sowie "Fröbel's Bauschule". Jeder Baukasten wurde mit einem Deckelbild und einer Bauvorlage versehen.

Infolge vorgerückten Alters übergab Herr Emil Reuter im Jahre 1906 den Betrieb seinen vier Söhnen, die, von Kindheit an mit der Fertigung der Baukasten vertraut gemacht, als besondere Fachleute herangewachsen waren. Der Betrieb nahm laufend weiteren Aufschwung und die Umsätze steigerten sich von Jahr zu Jahr, so daß bald eine Erweiterung des Betriebes und der Bau eines großen Lagerraumes erforderlich wurden.

Vertretungen wurden in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Nürnberg, Wien, Kopenhagen, Amsterdam, Brüssel, und London unterhalten. Es wurden in dieser Zeit ca. 100 Personen beschäftigt, welche in den Saisonmonaten sogar mit Überstunden arbeiten mussten.

Nach Beendigung des I. Weltkrieges erfuhr die bis dahin entwicklete Kollektion der Klötzchenbaukasten eine wesentliche Erweiterung durch die Herstellung verschiedener Bastel- und Konstruktionsbaukästen mit und ohne Laufwerk. Genannt seien hier nur der "Berbis-Modellbaukasten" , der "Maschinen-Modellbaukasten" und die Figurensteckspiele. Ferner wurde die Fertigung von trommelpolierten Klötzchenbaukasten, Parkett- und Mosaikspielen aufgenommen. Dies bedingte eine wesentliche Erweiterung des Maschinenparkes, und die Belegschaftsstärke erhöhte sich auf ca. 150 Personen. In der neuesten Zeit werden auch Baukästen hergestellt, die der heutigen Bauweise gerecht werden, und aus denen man moderne Bauten wie Häuser, Bahnhofsgebäude, Hoch- und Klubhäuser bauen kann. Diese Baukästen haben keinerlei Verzierungen und Farben und werden deshalb den pädagogischen und erzieherischen Funktionen besonders gerecht.

Der sich laufend steigernde Warenbedarf brachte es mit sich, dass sich weitere Betriebe in die Herstellung von Holzbaukästen einschalteten. So wurden im Jahre 1873 die Firma Carl Fritzsche, im Jahre 1878 die Firma Louis Engel & Co. und 1882 die Firma Gotthard Drechsel in Blumenau gegründet. Sämtliche Betriebe der Baukastenbranche sind gleich gelagert. Es werden in den Baukastenfabriken von Blumenau sei Jahren ca. 300 Personen beschäftigt, die zum Teil auch aus den Nachbarorten kommen. Eingetretene Krisen wurden stets schnell überwunden, und unterbrochene Geschäftsverbindungen konnten stets nach kurzer Zeit wieder aufgenommen werden.

Heute ist der Holzbaukasten ein Erziehungsmittel für die künftige Berufsausbildung und aus der Welt des Kindes nicht mehr wegzudenken.

   
  Autor: unbekannt        Februar 2020
   
   
  Autor: unbekannt        Februar 2020
Quelle: maschinegeschriebene Kopie, Klaus Reuter